Freitag, 10. Dezember 2004

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Mädchen vor rassengetrennter WC-Anlage

Wie entwickelte sich ein derart menschenverachtendes System (so genannte “Apartheid“), welches das Ziel verfolgte, einen multiethnischen Staat nicht integrativ sondern separatistisch zu führen? Welche räumlichen Auswirkungen hatte diese rassenpolitische Regierungszeit auf das Land Südafrika und dessen Städte?

Raumgesetz als Grundstein für gesellschaftliche Kluft von Schwarz u. Weiß

Von der britischen Fremdherrschaft entwickelte sich der südafrikanische Raum immer weiter zu einem autonomen Gebiet. Sowohl Buren als auch Briten riefen Parteien ins Leben, um ihre jeweiligen Interessen organisierter Vertreten zu können. Bereits um 1900 hatte sich ein reges politisches Leben entwickelt. Die Südafrikanische Union bedeutete die Vereinigung der vier südafrikanischen Kolonien zu einer Union. 1909 kam es schließlich zur Unterzeichnung des ersten Südafrika Gesetzes, ein Vorentwurf der vorgesehenen Verfassung.

Bis zum Jahre 1913 war es jedermann, also auch Nicht-Weißen, gestattet, überall in Südafrika Land zu kaufen oder zu pachten. Viele Schwarze machten Gebrauch davon und erwarben bzw. pachteten Ländereien, die sie bewirtschafteten. Dies führte bei vielen Weißen zu immer heftigerer Kritik, zumal es eine steigende Zahl von verarmten Weißen gab.
So kam es 1913 zu dem „Eingeborenenland-Gesetz“, das im Ansatz bereits die Grenzen der ehemaligen schwarzen Heimatländer festschrieb. Damit wurden 7,3% der Union zu Reservationen für Schwarze erklärt, in denen kein Weißer mehr Landbesitz erwerben durfte. Schwarzen wurde es untersagt, außerhalb dieser Reservationen Land zu kaufen oder zu pachten.

Diese Bestimmungen bildeten in sofern eine besonders entscheidende Maßname, weil Schwarze damit verurteilt waren, hinfort nur mehr als Farmarbeiter in den weißen ländlichen Gebieten tätig sein zu können. Das bedeutete eine Herabstufung ihrer sozialen Situation, da größenmäßig gar nicht alle Schwarzen in den überbevölkerten Reservationen Platz fanden. Eine Vielzahl von ihnen war also gezwungen, sich mit dem Schicksal als billige Arbeitskraft auf einer weißen Farm zu begnügen.

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Lohntag

So bildete das Gesetz den Grundstein zu einer unheilvollen Entwicklung, die über Jahrzehnte hinweg die fast unüberbrückbare gesellschaftliche Kluft zwischen Schwarzen und Weißen zementierte.

Nach dem Gesetz von 1913, das bereits deutlich darauf abzielte, Schwarze wirtschaftlich, sozial und politisch aus der weißen Gesellschaft auszugrenzen und ihnen die Möglichkeit nahm, sich erfolgreich wirtschaftlich zu betätigen, wurde eine weiter Reihe von diskriminierenden Gesetzten zum Nachteil der schwarzen Bevölkerung verabschiedet – was den Beginn der Rassengesetzgebung bedeutete. Nach der Einschränkung der Bildungschancen wurde 1923 ein wichtiges weiters Gesetz geschaffen, das „Eingeborenengesetz für städtische Gebiete“. Darin wurden auch in den Städten getrennte Wohngebiete eingerichtet: Schwarze durften jetzt auch in Städten nur noch in Ghettos wohnen. Der Kauf von Grundstücken außerhalb dieser “Lokationen“ wurde den Schwarzen somit auch vollständig untersagt.

Es gab von Beginn an starke Widerstände von Seiten der schwarzen Bevölkerung. Man versuchte sich politisch zu organisieren, woraus sich der African National Congress (ANC) bildete. Versuche eigene Interessen in die Weiße Gesetzgebung einzubringen wurden mehr und mehr unmöglich.

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Protest schwarzer Bürger

Apartheid-Gesetzgebung
Zur Sicherung des Herrschaftssystems der weißen Minderheit praktizierte die Regierung ab dem Jahre 1948 eine immer stärker werdende Apartheid-Politik.
Die Rassenpolitik der 1948 gewählten Regierung unter Premier Dr. Malan verschärfte zahlreiche diskriminierende Gesetzte weiter, und andere wurden neu geschaffen. Neben Gesetzen die Geschlechtsverkehr sowie Eheschließungen zwischen Schwarzen und Weißen untersagten, gab es 1950 das „Gesetzt zur Registrierung der Bevölkerung“, das die Einwohner der ganzen Union in 3 große Gruppen unterteilt: Weiße, Farbige und Eingeborene. Der so genannte „Group Area Act“ war ein darauf folgendes Gesetz das eine Gebietsteilung der Bevölkerungsgruppen zum Thema hatte.

soweto
South Western Townships - Soweto

Das berühmt berüchtigte Township von Soweto - rund 15 Kilometer vom Zentrum Johannesburgs entfernt - umfasst heute ein Gebiet von 63 qkm, auf denen schätzungsweise 2 Millionen Menschen leben. Ursprünglich entstanden als zeitlich begrenzte Wohnquartiere für die Minenarbeiter, wurde Soweto durch den "Urban Areas Act" von 1923 zum Ghetto der schwarzen Bevölkerung von Johannesburg. Nicht nur in den Städten, sondern im ganzen Land wurde eine Einteilung in für einzelne Rassen bestimmte Regionen vorgenommen. Damit vollzog sich der Ausbau der gesellschaftlichen Trennung, der “kleinen Apartheid“, hin zur zusätzlichen räumlichen Trennung von Schwarzen, Weißen und Coloureds, der “großen Apartheid“.

Es gab jetzt keine gemischten Wohngebiete mehr. Die 3,5 - 4 Millionen Schwarzafrikaner wurden durch Umsiedlungen gezwungen in sogenannten Homelands (schlechte und unfruchtbare Gebiete) zu leben. Zusätzlich wurde den Afrikanern der Aufenthalt in "weißen Gebieten" von mehr als 72 Stunden verboten. Dies besagten die Pass-Gesetze. Öffentliche Einrichtungen, wie zum Beispiel Krankenhäuser, Parks, Sportanlagen usw. waren für Schwarze nicht mehr zugänglich. Sie mussten Belästigungen und öffentliche Demütigungen hinnehmen.

Rassenspezifische Sitzplatzaufteilung
getrennte Sitzplatzaufteilung in öff. Verkehrsmitteln

Bei den folgenden Wahlen 1953 zeigten die Weißen Bürger der Union ihre Zustimmung zur neuen Rassentrennungspolitik, indem sie der regierenden Nationalen Partei zu einer glänzenden Mehrheit verhalf. 1960 gab es bei Massendemonstrationen blutige Auseinandersetzungen, wobei sich der schwerste Zwischenfall in Shaperville (Johannesburg) ereignete.

Als sich die Union zur Republik reformierte wurde die Apartheid Politik zu einer Politik der “getrennten Entwicklung“, was bedeutete das aus den Reservationen allmählich Heimatländer wurden (Homelands) die eine “Bantu-Selbstregierung“ vorsahen. Es gab schwarze Führer in den jeweiligen nationalen Einheiten (begrenzte Selbstverwaltung). Bis in die 80er Jahre spitzte sich der Gegensatz zwischen Zentralregierung und schwarzer Opposition drastisch zu. Es mehrten sich Anschläge, Unruhen und Protestmärsche die besonders bei den Zwangsumsiedelungsmaßnahmen zu spüren waren. Mehrmalig musste der Ausnahmezustand über verschiedene Viertel verhängt werden.

Reformdruck und Ende der Apartheid
In den 80iger Jahren verschärfte sich der Druck auf die weiße Minderheitsregierung: Die politischen und ökonomischen Kosten zur Aufrechterhaltung der Apartheid waren zu hoch. Die Townships waren unregierbar geworden. Die Großwirtschaft beklagte den Zerfall der Ökonomie.
Mit der Regierung von Frederik W. de Klerk wurde 1989 der Prozess zur Abschaffung der Apartheid eingeleitet, und die Errichtung einer demokratischen Ordnung in Gang gesetzt. De Klerk war jener, der erstmals ernsthaft und konsequent den Dialog mit allen politischen Kräften des Landes aufnahm. Bei den ersten allgemeinen freien Wahlen im April 1994, begann ein neues Zeitalter für Südafrika: Mit Amtsantritt des neuen Staatpräsidenten Nelson Mandela (Partei ANC), endeten 342 Jahre weißer Vorherrschaft in Südafrika.

deklerk mandela
Frederik de Klerk mit Nelson Mandela

Soweto - genauere Beschreibung dieses durch die Apartheid entstandenen Townshipbeispiels unter der Rubrik "Townships".


Literaturquelle:
- Michael Iwanowski, Südafrika mit Lesotho und Swaziland, Iwanowski´s Reisebuchverlag, 17. aktualisierte Auflage 2005


Weitere Links zum Thema:
>> City of Hope, City of Fear
"Ten years after apartheid, South Africa's boomtown wrestles with new freedoms and new fears. Will Jo'burg overcome its crimes—past and present—to lead Africa into the future? ..."
http://magma.nationalgeographic.com/ngm/0404/feature3/

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